Der Phönix erwacht

Der Phönix erwacht
von Lassalin

Ich bin Lassalin, von meinen Freunden werde ich auch der schwarze Phönix genannt. Wobei sich die Anzahl jener Freunde stark in Grenzen hält, denn ich bin nicht gerade jemand den man gern auf offener Straße sieht.
Ich bin ein Hexer, ein Mutant, noch dazu einer der die durch seine Ausbildung als solcher unverkennbar gezeichnet ist. Meine Pupillen mutierten sichtbar, genauso wie mein Körperbau. Die typischen Anzeichen eines Hexers halt.
Mein Spitzname hat sich Vesemir für mich ausgedacht. Am Anfang war es wohl eher ein schlechter Scherz, aber mittlerweile bin ich als schwarzer Phönix bekannt.

Ich erinnere mich noch wie ich damals, als ich von ihm gefunden wurde.

In jener Nacht fand der Krieg auch den Weg in mein Dorf, unsere Häuser brannten und alles, was wir aufgebaut haben, wurde zerstört. Es war kein Krieg wie wir ihn sonst kannten, es ging nicht um Gebietserweiterung, es ging um pure Ausrottung. Junge kräftige Männer wurden versklavt, Frauen und Kinder vergewaltigt und ermordet.
Auch ich sollte sterben, denn man konnte viel von mir sagen, aber nicht, dass ich ein kräftiger junger Mann bin. Ich war klein, was ich bis heute bin, zumindest kleiner als übliche Männer aus meinem Dorf und mein Bauch war runder als meine Oberarmmuskeln. Aber das ist Vergangenheit, ich erinnere mich noch gut an den Kerl der mir seine Klinge in den Oberkörper rammte. Der Schmerz war höllisch, aber nichts im Vergleich zu der Stille die langsam aber sicher über mich kam.
Die Schreie verstummten, nur noch das Bersten von brennendem Holz war ein leises Geräusch in der großen Stille.
Irgendwann schloss ich meine Augen und freute mich fast sogar auf das, was danach kommen würde. Aber dazu kam es nicht, denn ich öffnete meine Augen wieder, und sah zwei Gestallten. Ich hörte leise Stimmen, „Ich habe zwar erwartet, dass der Krieg viele Opfer fordern wird, aber das es so weit geht, hätte ich mir niemals gedacht...“
Die Stimme war rau, aber man hörte viel Lebenserfahrung daraus. Auf diese Stimme folgte eine andere, eine die viel härter klang, „Vollkommen egal, es geht uns nichts an, wir sind nur hier um die Ghule zu töten die sich hier breit machen werden, sobald die Sonne untergeht.“
Damals wusste ich nicht was Ghule sind und nur die Götter wissen woher ich die Kraft und vor allem die Nerven hatte, um meinen Mund zu öffnen, „Was sind…Ghule?“
Das Letzte was ich sah, waren zwei überraschte Gesichter die auf mich herab sahen. Dann wurde alles schwarz.
Wer weiss, wie lange ich geschlafen hab, aber wach wurde ich in einem Raum, der stark nach Alkohol stank. Bei mir saß ein Mann mit den wohl größten Narben die ich jemals in einem einzigen Gesicht gesehen habe. Er sah in meine Augen und fasste mir, mit einem Griff so stark wie die eines Bären, an meinen Oberkörper und nickte leicht. „Bleib liegen.“, meinte er knapp, aber mit einem Befehlston, dem man nur schwer nicht Folge leisten konnte. Ich blieb auch liegen ohne ein Wort zu sagen und absolut reglos. Der Schmerz war zwar stechend in meiner Brust, aber ich rührte mich nicht und sah mir diesen Mann genauer an.
Nach einiger Zeit kam noch ein Mann in den Raum, er war alt, nur so konnte ich ihn beschreiben. „Wie sieht es aus Eskel?“, fragte er ruhig und an seiner Stimme erkannte ich eine der zwei Gestalten die ich gesehen hatte, bevor mir die Sinne schwanden.
„Die inneren Organe wurden kaum verletzt und das Gewebe wächst langsam aber sicher zusammen. Dieser Bengel hatte mehr Glück als es einem Kind zustehen sollte.“, erwiderte der Mann namens Eskel.
„Wie viel Glück hattet ihr, als euer Gesicht gezeichnet wurde?“ fragte ich plötzlich mit heiserer Stimme. Die Männer sahen zu mir mit einem ernsten Blick. Ich hätte erwartet, dass dieser Eskel mir wenigstens einen bösen Blick zuwerfen würde, aber er saß nur da und betrachtete mich.
„Sein Verstand funktioniert noch blendend.“, brummte der alte Mann und lächelte etwas. „Vesemir, du hast mir erzählt, dass du dem Jungen einen unserer Tränke gegeben hast, er sollte eigentlich gar nicht mehr sprechen können!“ zischte Eskel.
„Nur ein paar Tropfen, um zu sehen, wie sein Körper reagiert und wie es scheint, gar nicht so schlecht.“ Der alte Mann Vesemir lächelte jetzt noch deutlicher.
„Hast du ihn deshalb mitgenommen? Willst du ihn zu einem von uns machen? Er ist zu alt!“
Wie zu alt? Für was zu alt? Ich wollte sprechen, aber meine Kraft war auf einmal wie weggeblasen, nicht einmal einen Finger konnte ich bewegen.
„Aber trotzdem scheint ihm ein wenig Hexerhalluzinogen nichts auszumachen, ich will es mit ihm versuchen.“, verkündete Vesemir und verließ langsam den Raum. Eskel sah mich noch einmal kopfschüttelnd an, „Kaum wieder auf den Beinen, schon wieder zum Tode verurteilt. Schlaf! Du wirst deine Kräfte brauchen.“, er gab mir etwas zu trinken und nach wenigen Sekunden schlief ich ein.

Ich erwachte in einer kleinen Kammer. Gerade groß genug für ein Bett, einen Kasten und etwas Freiraum für ein Fell, das auf dem Steinboden lag. An der Tür war ein Stück Pergament befestigt. Dank meiner Mutter konnte ich lesen und schreiben; somit war es für mich kein Problem die Zeilen zu entziffern.

„Guten Morgen Phönix,
sobald du erwachst, erwarte ich dich auf dem Vorhof, zieh die Kleidung in deinem Schrank an und atme tief durch.
Willkommen in deinem neuen Leben!
Vesemir“

Da hörte ich zum ersten Mal meinen Spitznamen. Ich wusste zwar nicht, dass Vesemir wirklich mich meinte, aber das war mir auch ziemlich egal.
Die Tatsache, dass ich mich ohne nennenswerte Schmerzen bewegen konnte, war zu dem Zeitpunkt viel wichtiger. Ich wusste nicht, wie sie das anstellten, aber es war mir nur recht. Ich wollte nur noch fort, wohin war egal. Doch als ich an mir hinuntersah, beschloss ich, doch die Kleidung überzustreifen die man mir gab, denn meine Leinenkleidung war nur noch ein einziger zerfetzter Lumpen.
Meine erste Lederkleidung!
Ich fragte mich wozu die Schlaufen dienten, die an einem meiner Gurte befestigt waren. Doch das war auch nur ein unwichtiges Detail am Rande. Mir gefiel die Kleidung, sie war praktisch, eher dunkel gehalten, würde aber guten Schutz vor Klingen bieten, wie ich vermutete. Das Leder war damals schon schwarz, aber das störte mich kaum.
Als ich mein „Zimmer“ verließ, trat ich in einen Gang, welcher absolut miserabel beleuchtet war. Wie um Himmels willen sollte ich hier auch nur die Hand vor Augen sehen.
Hatte mein Zimmer noch ein Fenster durch das die Morgensonne schien, so war dieser Gang eine einzige Höhle.
Dennoch fand ich schnell den Weg nach draußen, wo zu meiner Überraschung Vesemir und ungefähr 14 Kinder standen. Meine Intuition brachte mich zum Ausgang dieser Festung, aber damit auch zu den Leuten die mir die letzten Tage oder Wochen die einzigen Gefährten waren.
Die Kinder, sie waren alle deutlich jünger als ich, so viel stand fest, standen in Reih und Glied vor Vesemir und rührten sich kein Stück.
„Gut, wir sind vollzählig. Phönix stell dich dazu!“, bellte Vesemir laut. Da ich nicht wusst,e was ich sonst tun sollte, gehorchte ich einfach und so stand ich am Ende der Reihe und wartete was nun passieren würde.
„Guten Morgen, ich wünsche euch viel Glück bei eurem zweiten Tag in Kaer Morhen!“ verkündete Vesemir fast feierlich. Aber mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Ich war in Kaer Morhen, die Festung der Hexer! Hexer waren Monsterjäger, konnte man sie bezahlen, töteten sie jedes Ungeheuer. Aber man sagte ihnen auch selbst ein gewisses monströses Verhalten nach. Sie waren Alchimisten, Krieger, schlicht Hexer. Ihre Tränke sind für jeden normalen Menschen und Anderling pures Gift und wer nicht an einem solchen Trank starb, wurde wahnsinnig.
„Für alle gilt normales Training, tausend Runden um die Burg. Danach dürft ihr euch zu Essen nehmen. Und die unter euch, die neu sind, kommen erst zu mir!“ befahl Vesemir streng und dreizehn von uns gingen den Steinweg hinab ins Tal und drehten ihre Runden.
Aber ich und zwei weitere Kinder blieben stehen und warteten darauf, was er zu uns sagen wollte.
„Für euch ist es der erste Tag, aber das ändert nichts an der Tatsache das für euch die Erste von drei Prüfungen begonnen hat. Wer von euch übersteht, wird einer von uns, die anderen werden sterben.“ Er sagte das, ohne mit der Wimper zu zucken, ohne Mitgefühl oder Erbarmen. Das waren die Prüfungen, wer nicht bestand, starb. So einfach war es.
„Auf dein Vorankommen bin ich übrigens sehr gespannt Phönix. Darum darfst du 1500 Runden laufen.“ Ich war überrascht, warum wurde mir mehr aufgehalst als den anderen?
„Mein Name ist Lassalin, nicht Phönix.“, das war das einzige, was ich antworten konnte.
„Gut zu wissen, aber für uns bist du Phönix, immerhin haben wir dich aus dem Feuer geborgen. Und jetzt ab mit euch!“ befahl er streng und wir gehorchten.

Ich musste unter Qualen feststellen, dass alleine eine einzige Runde um die Festung eine Odyssee für sich war. Wir mussten durch einen Fluss und durch hügeliges Land laufen und in der Ferne konnte man Wölfe heulen hören, die sich schon auf ein Festmahl einstellten, so wie es klang.
Es dauerte auch nicht lange, da lief ich an einem jungen Burschen vorbei, der reglos auf dem Erdboden lag. Niemand wollte ihm helfen, niemand beachtete ihn, es hieß für jeden „leben oder sterben“. Als ich zehn Runden gelaufen war und er immer noch reglos da lag, konnte ich nicht anders und blieb stehen, um zu sehen, ob er noch lebte. Sein Atem war flach und sehr schwach. Ich wusste nicht warum, aber ich nahm ihn auf die Schulter und lief wieder in den Burghof. Dort fand ich Vesemir und noch zwei andere Hexer. Der eine war Eskel, der andere war mir neu. Aber irgendwoher kannte ich ihn, sein weißes Haar war lang und erinnerte mich an alte Geschichten. Der weiße Wolf, er war es - Geralt von Riva höchstpersönlich. Ich stand einige Sekunden reglos da, bis Vesemir mich bemerkte, „Du sollst nicht faulenzen!“, bellte er, doch als er sah, dass ich einen Schüler auf dem Rücken trug, kam er ruhig näher.
Er nahm ihn mir ab und nickte mir zu. Auch Eskel und der weiße Wolf nickten kurz und widmeten sich wieder ihrem Gespräch. Ich aber drehte mich um und lief meine Runden zu Ende. Es dauerte bis tief in die Nacht und als ich fertig war, taten mir alle meine Knochen weh. Ich kroch auf allen Vieren in den Vorhof und wollte nur noch sterben. Die anderen waren alle schon Stunden vor mir fertig, aber das war nicht verwunderlich, mussten sie weniger rennen als ich. Als ich oben ankam saß Vesemir auf einer Steinbank mit einer Holzschüssel in der Hand. Er ging auf mich zu und stellte sie mir vor die Nase.
„Iss, du hast es dir verdient. Geh dann gleich schlafen, in ungefähr sieben Stunden geht die Sonne wieder auf.“, sagte er zu meiner damaligen Überraschung fast väterlich und ging anschließend wieder in die Festung.
Ich roch kurz an dem Inhalt der Schüssel. Es war ein Brei der wohl nur aus Kräutern und Moose bestand. Aber das war mir egal, ich aß die Schüssel schnell leer und leckte sie sauber. Es schmeckte entsetzlich, doch war es das Einzige was ich bekam und somit war ich nicht wählerisch. Ich schleppte mich in mein Bett und schlief auf der Stelle ein, während meine Knochen nach Ruhe verlangten.

Die nächsten Wochen sahen niemals anders aus. Das Training, was man uns abverlangte, war die Hölle auf Erden. Entweder mussten wir den ganzen Tag lang rennen oder Gewichte stemmen bis wir bluteten. Ab und an gab es Lektionen im Schwertkampf, was für alle eine Erholung war, denn bei diesem Training konnten wir ein wenig ruhen. Doch nach einiger Zeit mussten wir das Erlernte umsetzen und zwar gegeneinander. Wer sich nicht zu einhundert Prozent konzentrierte, forderte eine schwere Verletzung heraus. Tatsächlich starben zwei Schüler bei diesem Training. Beide waren so übermüdet, dass sie die Paraden nicht schnell und effizient durchführten und beide erlagen ihren Verletzungen. Am nächsten Tag waren wir sogar vier Schüler weniger, denn die zwei, die für den Tod der anderen zwei verantwortlich waren, begingen in der Nacht Selbstmord.

Ich verlor jegliches Zeitgefühl während dieses Trainings. Irgendwann unterschied ich nur noch zwischen dem wachen Zustand und dem schlafenden.
Aber die Zeit stählte meinen Körper, ich nahm ab, baute Muskelmasse auf, nicht wenig. Meine Ausdauer wurde immer besser. Und ich war mir damals schon sicher, die Moose und Kräuter in unserem Brei war ebenfalls entscheidend für unseren Erfolg. Doch während ich den Brei verschlang und jedes Mal hätte kotzen können, vertrugen Andere ihn absolut nicht. Einer von uns erbrach seinen ganzen Mageninhalt und damit auch noch viel Blut. Seine Nieren und Leber hatten versagt, wie man uns mitteilte.
Irgendwann war es dann soweit, Vesemir hielt eine erneute kleine Rede.
„Ihr seid diejenigen die die erste Prüfung zum vollwertigen Hexer überstanden haben. Eure Körper sind gestählt und eure Geister frei. Nun wollen wir zur zweiten Prüfung übergehen, damit eure Erfolge für den Rest eures Lebens bleiben.
Die Prüfung der Gräser beginnt morgen. Aber euer reguläres Schwertkampftraining bleibt weiterhin wie es ist.
Aber heute Abend wird nicht mehr trainiert! Heute gibt es ein wenig Abwechslung.“
Mit Abwechslung war gemeint, dass wir alle im Vorhof nächtigen sollten. Vesemir erzählte uns Geschichten und lehrte uns die Wege eines Hexers, dass wir keine Ritter in edler Rüstung wären, sondern emotionslose Monsterjäger. Wir sollten uns in keine fremden Angelegenheiten mischen, es sei denn, sie wären Bestandteil der Monstermission, also auch für die Besti,e für die wir bezahlt wurden.
Dass wir den Kampf mit zwei Schwertern beherrschen würden, ein Silberschwert und ein Stahlschwert, das eine für Monster, das andere für Menschen.
Absoluter Blödsinn!
Einen Menschen war es egal, ob Stahl oder Silber sein Fleisch durchschnitt, aber ein Nekrophag machte da schon einen entscheidenden Unterschied. Silber war gegen alles da, was übernatürlichen oder nekrophagen Ursprungs war, wie Werwölfe, Vampire, Ghule, Ertrunkene, Flatterer und noch ein ganzer Haufen weiterer Monster.
Wir alle lauschten mit großer Neugier, was natürlich war. So war das unser erster Abend, an dem wir nicht mit schmerzenden Knochen in unsere Betten gingen.

Der nächste Tag brach an. Neun waren von uns noch übrig und so wie ich ab und an die anderen Hexer sprechen hörte, sollten wir noch weniger werden.
Unser Alltag hatte sich kaum geändert, wir trainierten jeden Tag und übten uns im Umgang mit dem Schwert. Aber jede neue Woche wurde einer von uns geholt und in die Festung geführt. Es kam vor das wir nach einer Woche denjenigen wieder sahen, aber auch das niemand mehr zu uns kam.
Die, die zurückkamen waren verändert. Ihre Körper schienen sich verändert zu haben. Sie sprachen niemals darüber was man mit ihnen machte. Wenn man sie fragte sahen sie weg und widmeten sich wieder ihren Dingen. Aber was wir bemerkten, war das jeder der zurückkam schneller war, agiler, seine Reflexe waren nicht mehr die eines normalen Menschen, und wenn wir zusammen übten waren wir nach wenigen Augenblicken entwaffnet.

Dann kam der Tag an dem ich in die Festung geführt wurde. Mittlerweile schrumpfte unsere Zahl auf fünf Schüler.
Und ich sollte schon bald feststellen warum das so war.
Sie führten mich in das Labor, der Ort wo sie ihre mächtigsten Tränke herstellten, und wo die Gräser wuchsen. Die Prüfung der Gräser, sie wurde ihren Namen gerecht. Bevor man mit mir begann gab es eine Diskussion zwischen Eskel und Vesemir.
„Vesemir, dieser Bursche wird die Gräser kaum bis gar nicht überstehen! Du hast oft genug betont wie wichtig er dir ist, also lass nimm ihn aus der Prüfung. Er kann doch trotzdem hier bleiben, er ist alles andere als unfähig.“
„Eskel, auch wenn er in meiner Gunst steht so wird er keine Vorteile bekommen. Wenn er überlebt dann ist er stark genug um auch die letzte Prüfung zu bestehen.“
„Das weist du nicht! Er ist zu alt für die Mutagene!“
Aber damit war das Gespräch beendet, Vesemir gab mir die Gräser und ich aß sie wir man mir auftrug.

Die folgenden Tage waren schlimmer als meine bisherige Zeit in Kaer Morhen. Die Schreie die ich hörte, waren voller Qual und Leid…und es waren meine eigenen die ich hörte. Ich wusste nicht, was sie mir gaben, aber es veränderte spürbar meinen Körper.
Kaum ließen die Schmerzen nach, gab man mir neue Gräser zu schlucken und der Albtraum fing von neuem an. Aber egal wie groß die Schmerzen waren, wie lange sie anhielten, ich überlebte. Und jedes Mal wenn die Wirkung schwächer wurde hörte ich sie reden.
„Er müsste längst tot sein! Wir gaben ihm mehr als jedem anderen Schüler!“
„Bisher hat er alles heil überstanden, ohne Nachwirkungen, ohne Verlust des Verstandes. Am Ende verträgt er genauso viel wie Geralt damals.“
Und da war sie! Die Stimme des weißen Wolfes, klar und deutlich.
„Ich hoffe es für ihn, denn wie ich dich kenne Vesemir, wirst du ihm genauso viel geben wir mir damals.“
Ich habe nicht so viel von den Gräsern bekommen wie Geralt. Aber ich überstand alles sehr gut. Es sind zwei geschlagene Wochen vergangen, seitdem ich die zweite Prüfung begann und die anderen Schüler dachten, ich wäre tot.
Aber ich musste gestehen, ich fühlte mich nie lebendiger!
Dadurch, dass ich von uns allen immer noch am meisten eingeflößt bekam, war ich der schnellste, agilste und stärkste Schüler von den fünfen, die überlebt haben.

Wir waren jetzt, nach Angaben von Vesemir, seit fast einem Jahr auf Kaer Morhen. Ich konnte es gar nicht glauben, aber ich wusste nicht, wie lange die erste Prüfung dauerte, hatte ich doch jegliches Zeitgefühl verloren.
Aber das war mir egal, denn ab jetzt zählte ich nicht mehr zu den Menschen. Ich war ein Anderling, ein Mutant.
Mit diesem Gedanken konnte ich zuerst nichts anfangen, erst mit der Zeit akzeptierte ich die Tatsache. Vesemir hielt nun seine letzte Ansprache bevor wir Hexer wurden.

„Ich möchte euch gratulieren, dass ihr alle für die letzte der Prüfungen bereit seid. Oft brechen wir die Ausbildung jetzt ab, da das Risiko, dass die Schüler sterbe,n zu hoch ist. Aber bei euch allen sind wir sicher, dass ihr es halbwegs überstehen werdet.“
Man sa, dass wir stolz waren, es fast geschafft zu haben, doch die anderen Hexer schienen nicht ganz mit Vesemir überein zu stimmen. Ich sollte bald sehen, was mit uns geschehen sollte.

Wir wurden alle wieder in das Labor gebracht. Es war ziemlich dunkel. Gerade mal eine Fackel erhellte das große Kellerlabor. Aber die Dunkelheit war nicht das, was mich beunruhigte. Wir wurden auf großen Stühlen gefesselt und festgehalten, als Vesemir uns einen einzigen Trank zu trinken gab.
Er schmeckte bitter und roch streng. Aber die Wirkung war erschreckend. Die Seile mit denen wir gefesselt wurden waren kurz vor dem zerreißen und die Schreie von jedem von uns erfüllten die gesamte Festung.
Der Schmerz schien endlos zu sein und irgendwann verlor ich die Besinnung.
Als ich erwachte, war ich immer noch an den Stuhl gefesselt. Doch es hat sich etwas verändert, es war heller. Aber niemand hatte mehr Fackeln entzündet. Nirgends eine Lichtquelle und trotzdem konnte ich genauso gut sehen, wie am helllichten Tag.
„Ich sagte euch doch er wird überleben.“
Vesemir! Ich sah mich hektisch um und sah wie alle Hexer der Festung versammelt vor uns standen. Es waren sieben, darunter Vesemir, Eskel und natürlich Geralt.
Dann schweifte mein Blick zu meinen Mitschülern, doch musste ich feststellen dass noch keiner von ihnen aufgewacht ist. Ob sie noch aufwachten war fraglich.
„Vesemir, noch nie hat ein so alter Bursche alle drei Prüfungen überstanden!“, meinte Eskel ungläubig und sah tief in meine Augen. „Aber seine Mutation ist vollständig abgeschlossen. Seine Pupillen sind Opalförmig wie bei einer Katze.“
Aber das war nicht das Einzige, wie ich feststellte. Ich konnte meinen Pupillenreflex vollständig kontrollieren. Es wurde zunehmend dunkler und heller im Raum je nachdem wie ich es wollte.
Man erklärte mir, dass durch diese letzte Mutation mein ganzer Körper nun meinen Willen gehorchen würde. Jede Faser konnte ich nun kontrollieren.
Ich wurde losgebunden und als ich aufstand spürte ich, wie mein Körper sich verändert hatte. Nach einigen Minuten wachten zwei weitere der Schüler auf. Doch die anderen zwei saßen reglos auf den Stühlen und drei Hexer brachten sie weg.
Wir drei erhielten noch im Labor unser eigenes Wolfsamulett, das Zeichen der Hexer Zunft. Dann wurden uns unsere Schwerter übergeben, eines aus Silber, eines aus Stahl.
Als Vesemir mir das Amulett um meinen Hals legte flüsterte er in mein Ohr: „Und nun Phönix, erhebe dich aus der Asche deiner Vergangenheit.“


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Anm. d. Red.: Wenn euch die Geschichte gefallen hat, geht gleich zum zweiten Teil der Story über den Schwarzen Phönix: "Die Konsequenz des Überlebens".
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