The Witcher 3: Wild Hunt - Review (Teil 2/3)

Gameplay (Fortsetzung)

Die Stadt Novigrad, das Juwel der Nördlichen Königreiche und größte Stadt in der Welt des Hexers, dürfte hingegen die schönste, authentischste und größte mittelalterliche Stadt sein, die es bisher in einem Videospiel zu sehen gab. Überall gehen die Menschen ihrem Tagwerk nach und die Straßen wirken ob der zahlreichen NPCs sehr belebt. Zur Authentizität trägt auch das homogene Stadtbild bei: Kleine Dörfchen vor der eigentlichen Stadt, in denen vornehmlich Anderlinge hausen, Armen-, Händler- und Reichenviertel - alles vorhanden. Was fehlt? Natürlich! Die Geheimpolizei in Form von Hexernjägern. Schließlich dürften nicht wenigen Organisationen noch die Ereignisse vom Ende von The Witcher 2 Bauchschmerzen bereiten. Zu guter Letzt gibt es dann natürlich noch die kriminelle Unterwelt, in der mehrere nicht ganz legal agierende „Geschäftsmänner“ um die Vorherrschaft der Stadt buhlen. Aber auch abseits von spielerelevanten Personen, besticht Novigrad durch Lebendigkeit: Dachdecker und Schmiede bei der Arbeit, Händler beim Bewerben ihrer Waren, Bewohner beim Smalltalk, Betrunkene vor Tavernen, Hexenjäger bei *räusper* der Ausübung ihres Berufs und Bauern beim Bestellen ihrer Felder. In etwas kleinerem Maßstab gilt diese Lebendigkeit glücklicherweise auch für alle anderen Ortschaften im Spiel.

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Bei den Quests hat sich CDPR besondere Mühe gegeben. Denn noch beeindruckender als die bloße Menge an Quests, ist deren Qualität. Und spätestens hier müssen wir CDPR einfach ein großes Lob aussprechen. Die Quests sind nämlich keine 0815-Quests. Zwar gibt es natürlich auch simple Quests, die sich innerhalb weniger Minuten lösen lassen. Doch selbst diese sind meist geschickt in kleine Geschichten eingewoben. Das geht soweit, dass einige größere Nebenquests es fast mit den Hauptquests anderer Rollenspiele aufnehmen könnten. Die große Diskrepanz zwischen der Qualität von Haupt- und Nebenquests, die wir in anderen Rollenspielen öfter mal beobachten konnten, existiert hier praktisch nicht oder ist zumindest deutlich weniger stark ausgeprägt. Die Entwickler haben es verstanden, selbst simpel erscheinenden Quests eine gewisse Würze zu verleihen, sie mit interessanten Geschichten und damit Leben zu füllen. Und allein durch die kleinen und großen Geschichten, die die Quests erzählen, gewinnen sie enorm an Unterhaltungswert und Qualität.

Und Quests gibt es wie bereits erwähnt reichlich. Aber nicht nur die erzählten Geschichten haben uns sehr gefallen, auch die Abwechslung kommt nicht zu kurz. Zwar helfen wir der gemeinen Bevölkerung bei ihren kleinen und großen Nöten, nehmen waghalsige Herausforderer humanoider oder monströser Art auseinander, widmen uns Schatzsuchen oder dem neuen Gwint-Minispiel, erfreuen uns aber auch immer wieder mal an außergewöhnlicheren Quests. So sahen wir Geralt während unseres Abenteuers auch in für einen Hexer völlig untypischen Quests. Beispielsweise durften wir bereits unsere Schauspielkünste unter Beweis stellen sowie als Perlentaucher aushelfen und auch als Fluchthelfer durften wir uns schon verdingen. Die Quest-Palette reicht hier von witzigen, traurigen, schockierenden bis hin zu moralisch fragwürdigen Aufgaben - einem der Markenzeichen der Witcher-Reihe. Konkret sind die Quests in Haupt- und Nebenquests sowie Hexeraufträge und Schatzsuchen unterteilt. Während Haupt- und Nebenquests selbsterklärend sein sollten, machen wir bei Hexeraufträgen das, was für einen Hexer am typischsten sein sollte: Monster jagen. Bei den Schatzsuchen handelt es sich indes um das Suchen von Schätzen, bei denen es sich zumeist um seltene Hexerausrüstung handelt.

Das bereits erwähnte neue Minispiel „Gwint“ besitzt zwar keine eigene Quest-Kategorie im Spiel. Das ändert jedoch nichts daran, dass es sich nach anfänglich großer Skepsis als echte Bereicherung entpuppt hat. Hatten wir die Mechanik nämlich erst einmal verstanden und verinnerlicht, zogen wir mit unserem Startdeck der Nördlichen Königreiche zu Felde und bestritten Partie um Partie, immer auf der Suche nach noch besseren Karten. Neben Siegen über andere Gwint-Spieler, können aber auch Händler gute Quellen für neue Karten sein. Es lohnt sich also die Augen offen zu halten. Insbesondere wer dann auch noch die anderen Kartendecks (das Kaiserreich Nilfgaard, die Scoia'tael und die Monster) komplettieren möchte, kann sich auf einige spannende Duelle einstellen. Neben den Spezialfähigkeiten der Anführer, unterscheiden sich die verschiedenen Fraktionen auch durch für die Fraktion typische Einheitenkarten. Die Sonderkarten stehen allen Fraktionen offen. Eine Partie besteht dabei aus maximal drei Runden. Gewinnt ein Spieler aber die ersten beiden Runden, fällt die dritte Entscheidungsrunde logischerweise weg. Eine gewisse taktische Tiefe ist dabei ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Denn üblicherweise gewinnt derjenige, der mehr Karten im Spiel hat. Aus diesem Grund kann es also auch mal klug sein, sich in einer Runde zurückzuhalten, den Gegner seine besten Karten ausspielen zu lassen und absichtlich zu verlieren, nur um dann in der nächsten Runde richtig aufzutrumpfen und mit den gehorteten Karten den Gegner schließlich klein zu kriegen. Entscheidend ist jedoch auch, wann wir welche Karte ablegen. Denn viele Karten haben auch Effekte auf Karten von uns oder des Gegners.

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Unsere Quests erhalten wir in der Regel am Schwarzen Brett einer jeden Siedlung. Auf dem Schwarzen Brett befinden sich aber nicht ausschließlich Quests, sondern auch immer mal wieder teils sehr amüsante Nachrichten und Gesuche der Bewohner. Die Quests können wir uns dann auf der Minimap anzeigen lassen. Stichwort Minimap: Fast jeder Teil der Benutzeroberfläche (HUD) lässt sich bequem über das Spielmenü an den eigenen Geschmack anpassen. Ihr wollt keine „Navi-Funktion“ die euch zielsicher zur nächsten Quest führt? Keine Minimap? Keine Symbole für Geralts Atem, den Zustand der Rüstung oder der Tragfähigkeit unseres alter Egos? Kein Problem. Denn all diese Symbole und Anzeigen lassen sich anpassen beziehungsweise komplett abschalten, sodass jeder sein Abenteuer auf seine eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Sehr gut! Überhaupt ist The Witcher 3 in vielerlei Hinsicht sehr gut anpassbar. Wenn euch das bereits ziemlich umfangreiche Grafikmenü im Spiel zum Beispiel nicht ausreicht, könnt ihr die Grafik mittels ini-Datei-Tuning noch weiter an eure Wünsche anpassen. Auch installierte DLCs für alternative Kleidung, lassen sich nach Belieben im Hauptmenü aktivieren oder deaktivieren.

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Geldprobleme hatten wir übrigens bereits einige Zeit nach dem Prolog keine mehr, was sicherlich auch damit zusammenhängen mag, dass wir in bester Gothic-Manier alles sammelten, was nicht niet-und-nagelfest war. Ein richtiges Diebstahlverhalten, wie ihr es vielleicht noch aus den alten Gothic-Spielen kennen mögt, gibt es nicht. Lediglich, wenn ihr euch beispielsweise am Marktplatz an Kisten bedient und sich Wachen in direkter Umgebung befinden, gibt es etwas auf die Nuss. Da wir über weite Strecken des Spiels aber keine Chance gegen die Wachen in Novigrad haben, gehen diese Scharmützel auch meist zugunsten der Wachen aus, was uns wiederum eine Menge Gold kostet. Um unser Abenteuer aber nicht schleichend bestreiten zu müssen, verkloppten wir unnützen Plunder beim nächsten Händler unseres Vertrauens und kamen so relativ schnell zu Wohlstand. Auch hier lohnt es sich übrigens genau aufzupassen an wen genau ihr verkauft. Denn Handwerker und Schmiede zahlen im Vergleich zu einem Kräuterkundler beispielsweise deutlich mehr für Schwerter als für Kräuter und umgekehrt. Sind wir aber einmal beim Schmied, können wir auch gleich unsere Ausrüstung reparieren. Denn neu ist, dass Geralts Ausrüstungsgegenstände sich mit der Zeit abnutzen und dann im Falle der Rüstung weniger einstecken beziehungsweise im Falle der Waffen weniger austeilen können. Wieder mit an Bord sind aber die Verbesserungen für unsere Ausrüstung. So können wir mithilfe von Glyphen (für Rüstungen) und Runen (für Schwerter) unsere Ausrüstung noch weiter verbessern. Während die bereits angesprochene Tragfähigkeit aus The Witcher 2 jedoch ihr Comeback feiert und dafür sorgt, dass wir ab einem bestimmten Gewicht nur noch gehen, nicht aber rennen können, haben wir in The Witcher 3 vor Patch 1.07 leider keine Möglichkeit mehr nicht benötigte Gegenstände in der nächsten „Tavernentruhe“ zwischenzulagern. Stattdessen sollte unser Pferd Plötze nun diese Aufgaben übernehmen. Das fällt jedoch insofern schwer, als dass Geralt und Plötze sich ein Inventar teilen müssen. Es ist also nicht so, wie eingangs von uns vermutet, dass sowohl Geralt selbst als auch Plötze eigene Inventare haben.

Eine weitere große Stärke, sind in Verbindung mit den hochkarätigen Haupt- und Nebenquests die toll geschriebenen Charaktere. Sowohl alte Bekannte aus vergangenen Spielen, als auch neue Charaktere wie zum Beispiel Dijkstra oder der Blutige Baron sind toll geschrieben, bieten nachvollziehbare Motive und folgen eben nicht dem Schwarz-/Weiß-Prinzip so vieler anderer Spiele. Moralische Grauzonen zeigen sich bereits früh im Spiel. So finden wir beispielsweise während des Prologs in Weißgarten heraus, dass ein Nilfgaardischer Soldat einem Temerischen Soldaten das Leben rettete und damit selbst den Tod riskierte. Helfen wir ihm oder verdammen wir ihn um Tode? The Witcher 3 spielt ganz getreu der Romanvorlage und den beiden Vorgängern eben in keiner Welt in der alles aus Zuckerguss besteht. Im Gegenteil: Rassismus, Hetzjagden, Intrigen, Mord und Verrat sowie Krieg stehen in The Witcher 3 an der Tagesordnung. Allerdings gibt es neben traurigen, schaurigen und/oder grausamen Geschichten zwischendurch auch hin und wieder mal herzerwärmende Momente. Auch überraschte uns das Spiel hin und wieder ziemlich, als wir in vermeintlich unwichtigen Nebenquests alte Bekannte trafen, was in einem von uns gespielten Fall sogar in einer neuen Questreihe mündete - sofern wir denn wollten. Denn auch hier ließ uns das Spiel die Wahl.

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Abwechslung gibt es in The Witcher 3 aber nicht nur über, sondern auch unter der Erde. Waren die meisten Höhlen in den Vorgängern nämlich noch recht ähnlich aufgebaut, bieten sie nun deutlich mehr Varianz, da sie deutlich varianten- und abwechslungsreicher aufgebaut sind.

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Nicht vergessen sollte man natürlich Ciri, die wir zumeist in spielbaren Rückblicken auch selbst steuern dürfen. Grundsätzlich spielt sie sich zwar recht ähnlich, aber eben doch etwas anders als Geralt, da sie sich weniger auf Kraft und mehr auf Schnelligkeit verlässt. Nutzen wir ihre Spezialfähigkeit, können wir sogar vielen Gegnern auf einmal Schaden zufügen, indem wir uns blitzschnell von einem zum anderen teleportieren. Auch ein Inventar besitzt Ciri nicht, wenngleich wir mit ihr jedoch Gegenstände aufnehmen können. Neben einer netten spielerischen Abwechslung, treibt Ciri in erster Linie aber die Story voran.

FORTSETZUNG FOLGT...


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