Interview mit Michal Kicinski auf RPGcodex

Michal Kicinski, Geschäftsführer und Mitbegründer von CD Projekt hat am 29. April 2009 ein Interview für RPGcodex gegeben. Das Interview fand statt vor der Hiobsbotschaft über die Einstellung an den Arbeiten zu "Rise of the White Wolf".

Im Großen und Ganzen geht aus dem Interview sehr viel Zuversicht aus bezüglich aller Projekte, die CD Projekt RED momentan in Arbeit hat. Dennoch sind die Aussagen von Michal Kicinski kein Schönreden und Selbstbeweihräucherung. Der CEO von CDPR räumt Fehler ein, was bei Erklärungen von Unternehmen eher unüblich ist.

Mit dem Erstlingswerk The Witcher haben es sich die polnischen Entwickler nicht leicht gemacht. Aber ein gemütliches Produkt, das einmal gespielt und dann austauschbar ins Regal gestellt wird, sollte The Witcher sowieso nicht sein. Für The Witcher wurde ein komplett neues Team aufgestellt. Jeder war kompetent, aber viele davon hatten wenig Erfahrung mit der Entwicklung und Vermarktung von Spielen. Hinzu kam die Tatsache, dass hier eine neue Spieleschmiede aus Polen mit den Großen aus der Branche in einer Liga spielen wollte. Und diese polnische Spieleschmiede hatte die "Flausen im Kopf" ein RPG zu entwickeln, dass den gängigen erfolgreichen RPGs überhaupt nicht ähnelte. So gab es viele schlaue Berater von Publisherfirmen, die meinten, die meisten Spieler möchten in die Rolle einer elfische Kriegerin als Protagonistin schlüpfen. Ein weiteres Feature, das aus dem Rahmen fiel, war die individuelle Erstellung des Charakters wie Haar-, Augen- und Hautfarbe, Geschlecht und Rasse, Körperbau und sonstige Merkmale. An Geralt aus Andrzej Sapkowskis gibt es nichts zu werkeln und dennoch ist der Geralt, mit dem das Spiel begonnen wird nicht derselbe wie am Ende des Spiels. Durch die Entscheidungen, die er trifft, hat er am Schluss unterschiedliche Persönlichkeiten. Die immense Itemflut, mit der viele Spiele überschwemmt wird, gefiel den Entwicklern nicht. Es ist völlig unealistisch, dass eine Person –zig schwere Plattenrüstungen, zweihändige Waffen und Säcke voller Edelstein mit sich rumschleppt und dann noch agil und behände kämpft wie es Geralt in The Witcher macht. Die Sammelleidenschaft der Spieler wird durch das umfangreiche Alchemiesystem befriedigt, wobei viel Freiheiten für die Zubereitung der Tränke und Öle vorhanden ist. Mit Atari fand CDPR endlich einen Publisher, der nicht stirnrunzelnd den Kopf schüttelte.

Eine fesselnde Geschichte für ein Spiel ist eine weitere Vorraussetzung für CDPR. Selbst der FPS mit dem Arbeitstitel "They", der zusammen mit Metropolis entwickelt wird, soll eine mitreißende Hintergrundgeschichte haben. Dafür haben sich die Entwickler einen bekannten Science Fiction Autor aus Polen ins Boot geholt.

"Wenn wir darüber reden, wie unsere zukünftigen Spiele aussehen werden, fällt uns die Antwort nicht schwer. Die Basis und der Motor unserer Spiele ist eine packende Geschichte. Sobald diese Hürde genommen ist, sind wir auf den richtigen und soliden Weg zu unserem Ziel. Eine interaktive Story kann auf viele verschiedene Arten umgesetzt werden. Unsere zukünftigen Projekte werden außerdem keinen gradlinigen Handlungsstrang haben. Je nach welche Spielwelt wir als Grundlage nehmen, wird der Spieler unterschiedliche Umgebungen erkunden. Wir gebem dem Spieler mehr Freiheiten bei der Auswahl von leichten Quests. Wir haben das Konzept der Dialogszenen verbessert. Und dank der Erfahrungen, die wir gemacht haben, werden der Handlungsablauf und die Herausforderungen besser aufeinander abgestimmt sein, um Fehler wie einen zu langen Prolog zu vermeiden.
Die Konzeptphase zu einem unserer nächsten Projekte haben wir bereits abgeschlossen. Die vorgenannten Aspekte und bisherigen Erfahrungen werden darin umgesetzt, nur eben besser."

Ratlosigkeit, wer was macht und wie die richtigen Ressourcen der Arbeitskräfte effektiv umgesetzt werden, gibt/gab es bei Rise of the White Wolf nicht. Jetzt kann sich jeder im Team genau auf die Aufgaben konzentrieren, wo er seine Stärken hat. Die Produktion kommt zügig voran. Bei The Witcher war das leider nicht der Fall. Das hatte zur Folge, dass einiges nicht fertig war für die Veröffentlichung. Die unzähligen Bugs und gravierenden Fehler, die häufigen Abstürze, die grauenhaft langen Ladezeiten und die schlechte Synchronisation in Englisch und Deutsch waren die Konsequenz.
Als The Witcher für den PC fertig war, keimte im Team bereits die Idee, das RPG einem breiteren Publikum vorzustellen. Der Erfolg von The Witcher verstärkte den Wunsch und ließ ihn nach Veröffentlichung der PC Version konkrete Formen annehmen. Mit Widescreen Games aus Lyon hat CDPR einen Partner gefunden, der die technischen Vorraussetzungen bietet, The Witcher für PS3 und Xbox360 umzusetzen. Mit der Konsolenversion des Hexers würden CDPR in Amerika besser Fuß fassen. Dort werden PC Spiele leider etwas stiefmüttlerlich behandelt, die Konsolen Community hat jedoch ein starkes Standbein. Auf diesem Wege erhält die The Witcher IP einen größeren Bekanntheitsgrad.
Michal Kicinski versichert, dass diese Pläne nicht bedeuten, die PC Community sei nur Beta-Tester für die Konsolenversion gewesen, insbesondere weil bereits nach Alternativen für DLC Material gefragt wird. Die PC Community hat den D'Jinni Editor erhalten, zwei neue Abenteuer und weitere sechs von der Community entwickelte Abenteuer stehen auf der offiziellen Webseite zum Download bereit. CDPR will das Bestmögliche für die Konsolenversion bieten, so wie die PC Community das Bestmögliche für die PC Version erhalten hat. Außerdem ist Rise of the White Wolf nicht das einzige Projekt, das in Arbeit ist.

"Ich kann wirklich noch nicht viel zu den beiden anderen Projekten verraten. Der Zeitpunkt ist noch zu früh, um genaue Angaben zu machen. Beide Projekte werden von CDPR entwickelt und befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Das eine Projekt ist schon recht fortgeschritten, während das zweite gerade die Konzeptphase erreicht. Die Arbeiten an zwei Projekten erlaubt es uns, unsere Ressourcen effektiver zu nutzen und den Arbeitsprozess kreativer voranzubringen.
Es ist sinnwidrig, der von Sapkowski geschaffenen Welt den Rücken zu kehren. Zum einen, weil jeder von uns sich in dieser Welt sehr gut auskennt. Und zum anderen bietet diese Welt eine Fülle von Möglichkeiten, etwas darin geschehen zu lassen. Als wir an The Witcher gearbeitet haben, hatten wir eine Menge von Ideen, die wir aus unterschiedlichen Gründen nicht in der finalen Version umgesetzt haben. Wir haben viel Erfahrung hinzugewonnen, vor allem durch die Dinge, die kritisiert wurden. Ich denke, wir wissen jetzt, wie das Konzept für unsere nächsten Spiele zu verfeinern ist. Das alles führt zu dem logischen Schluss: Weiter marschieren in die Richtung, die wir eingeschlagen haben… hm, gut. Ich glaube, ich habe bereits etwas zu viel gesagt."


StartseiteTeamImpressumNach oben