Verfluchte Einsamkeit

„Verfluchte Einsamkeit“
von Hârkon (» als pdf herunterladen)

» Was würd’ ich nur drum geben meine müden Knochen und die gute, alte Liebesrute bei `nem drallen Mädel aufwärmen zu können. Ach Jaku, früher haben sie sich nur so um Wesen wie uns gerissen ... - «, tönte es seufzend und selbstmitleidig vom alten, buckligen Heribert, dem alten Nachtwächter des kleinen Dorfes, der mühselig die letzte Laterne des Dorfes entzündet hatte. Ehe sich der senile, bärtige Greis, der seine verrostete Hellebarde mit der Laterne kaum mehr zu tragen vermochte, hatte aussprechen können, hatte ihn die kräftige Stimme eines jungen, vorbeiziehenden Mannes unterbrochen.
» - ... doch heute lassen sie einen alten Mann und sein Frettchen nicht mal mehr ins Hurenhaus «, übertönte der junge, in einen beim Schwenken der Arme quietschenden, nach einer Mischung aus Blut, Fäulnis und Nässe streng riechenden Lederharnisch gerüstete Wachposten hämisch lachend. Dabei stiftete er die beiden anderen, im wenigen Licht einiger Fackeln erhellten Männer unweigerlich dazu an, die Verwünschungen und Ausdrücke der Geringschätzung des alten, gebrochenen Mannes mit aufgeheitertem, durchaus bösartigem Lachen zu übergehen.
Heribert stützte seine linke Hand gegen den – wie immer – schmerzenden Rücken, schüttelte, ob des abschätzigen, belustigenden Verhaltens der Jugend nur ablehnend den Kopf und verschwand mit seinem Frettchen Jaru auf der knochigen Schulter hinter der Tür einer einfachen Strohhütte. Der Dunkelheit, die sich wie ein Schleier über die hohen Wipfel der Tannenbäume gelegt hatte, war nun zumindest innerhalb des kleinen Dorfes, das gemäß der gefährlichen Zeiten durch einen einfachen Palisadenzaun umgeben und von jungen, angeworbenen Söldnern bewacht wurde, Einhalt geboten. Allmählich reduzierte sich die Geschäftigkeit auf die bloße Anwesenheit der drei Wachposten; nahezu vollkommene Stille und Bewegungslosigkeit machten sich in der tiefen Dunkelheit breit – ein scheinbar ruhiger, gemütlicher Abend, an diesem so gefeierten wichtigen Tag im Jahr. Aufgeheiterte Rufe aus der Schenke, das unbekümmerte Grölen des ein oder anderen Betrunkenen oder das einsame Geheul eines Wolfes in der Ferne waren die einzigen Dinge, die die Geräuschkulisse zu prägen wussten. Friedlichkeit und Langeweile für die Söldner genug, sich verschiedenen Möglichkeiten des Zeitvertreibs hinzugeben. Während sich der eine auf der Suche nach irgendeiner » Herausforderung « den verdreckten Zeigefinger seiner linken Hand in die Nase zu stecken und darin herumzubohren gedachte, versuchte sich der andere auf die ausgewetzte Hellebarde zu stützen, die Augenlider niederzuschlagen, Schlaf zu suchen und der Nasenflüssigkeit unweigerlich Möglichkeit zu bieten in die darunter liegende, von Speiseresten durchwirkte, beträchtliche Rotzbremse fließen zu können. Der dritte im Bunde spielte sich in Gedanken an den nächsten Besuch im „Roten Korsett“, des Freudenhauses der nächst gelegenen, größeren Stadt Trem, an seiner Männlichkeit herum, seltsame Geräusche, die aus einer Mischung von Grunz- und Fauch-Tönen bestanden, verlauten lassend. Junge Söldner wie sie es waren, gab es zu dieser Zeit wie streunende Hunde, die die Bauern und deren Vieh auf den umliegenden Höfen plagten. Und dennoch bezahlten die Dorfbewohner viel Geld für das halbe Dutzend aufstrebender Jünglinge, die mit ihren schartigen Hellebardenblättern, stumpfen Kurzschwertern aus Eisen, den stinkenden Lederharnischen und viel zu unbeweglichen, metallenen Rüstungsteilen ihren Auftraggebern wenigstens das Gefühl vermittelten, dass jemand des Nachts ein Auge auf ihr Heim und ihre Habe hatte. Dass diese aber überhaupt einmal die Erfahrung des Kampfes gemacht hatten, blieb zu bezweifeln, vergnügten sie sich doch damit, ihre Gedanken nicht an Waffenübungen, sondern an Soldberechnungen für die nächste Möglichkeit zur Auslebung der eigenen, unbändigen, fleischlichen Lust an drallen Huren oder einem möglichen Saufgelage in der hiesigen Schenke auszuleben. Wie zu strammen, steinernen Gargoylen erstarrt, beschäftigte sich jeder der narbenlosen Möchtegerns mit seiner eigenen Methode zur Beseitigung der Langeweile. Solange bis ...
» Wer ist da? Verschwindet, Fremder! «, tönte es urplötzlich vom Ältesten der Drei, der sich auf einem erhöhten Stand, einer Art Wehranlage befand und Einsicht auf die Lage vor dem hölzernen Tor hatte, harsch. Aufgeschreckt zog er den grünlichen Strom, der sich aus seiner Nase geflüchtet hatte, nach oben, strich sich mit dem linken Handrücken über den vollgesogenen Schnurrbart und klopfte sich mit der Hellebarde auf den metallenen Helm. Die erröteten, tränenden Augen vermochten ihrem Besitzer dabei schwerlich zu verraten, wer sich hinter dem menschlichen Umriss der Gestalt vor dem Tor verbarg. Sich immer wieder der laufenden Nase entledigend, versuchte sich der Alte schließlich ablehnend und bequem vom Fremden und seiner eigentlichen Pflicht, der noch immer wie erstarrt vor dem Tor wartete, zu lösen.
» Hörst du Lump etwa schlecht? Verschwinde oder willst du, dass wir die Hunde los lassen und dich solange krumm prügeln, dass dich ‚Veir’ ohne Mühe ausweiden kann ? Willst du das? «
Keine Sekunde später lehnte einer der jüngeren Söldner seine schwere Hellebarde gegen die rechte Schulter, formte seine beiden, in unterschiedliche Handschuhe gehüllte Hände vor dem Mund zu einer Art Kammer und gab einige mehr oder weniger passable Imitationen von abgerichteten Zwingerhunden von sich. Inzwischen klapperte der Dritte mit einigen aus dem wenigen Gras aufgehobenen, abgekauten Hühner- und Schweineknochen an dem Holz des Palisadentors entlang. Das breite, hämische, überzeugte und ausgetauschte Grinsen aller Drei zeigte dabei nur zu deutlich, dass sie sich auch diesmal sicher waren, den Wanderer - wie viele andere zuvor - derart abzuschrecken, dass er wiederum seines Weges ging und die Wachposten nicht länger damit behelligte, körperliche Anstrengungen wie beispielsweise das Öffnen des schwerfälligen Tores, walten zu lassen. Was sich dann aber im Folgenden abspielte, ließ die aufgeheiterten Mienen der Möchtegerns erst in nüchterne Neutralität, schließlich in beängstigende Überraschung umschlagen.
» Seit wann lassen Dorfwachen rollige Katzen auf unerwünschte Fremde los? Und seit wann haben diese schnurrenden Plagegeister überhaupt derart längliche Krallen, dass sie an einem hölzernen Tor scharren können ... ?
Verwundert blickten sich die Jünglinge gegenseitig an, umklammerten nervös ihre Hellebarden und versuchten mehr oder weniger erfolgreich ihre Aufregung, die sich in den Gliedmaßen durch ungehemmtes Zittern widerspiegelte, zu unterdrücken. Plötzlich durchbrach ein ohrenbetäubender Schrei die Szenerie, der die Blicke der anderen auf und seltsames, dumpfes Poltern über eine hölzerne Fläche nach sich zog. Die Blicke der beiden Jüngeren schweiften von ihrem gegenseitigen, schier ohnmächtigen Blickkontakt zum Ältesten der Drei, der rücklings die Rampe zu dem kleinen Ausguck hinunterkullerte, schließlich mit seinem fetten Gesäß auf dem aufgeweichten, lehmigen Boden wie ein auf die Wasseroberfläche geworfener, flacher Stein aufditschte und sich völlig panisch über den Boden weg von der Rampe schob.
» Thandalf, was ist? «, ertönte es vom einen, » Sprich schon! «, vom anderen; wie gebannt starrten sie auf den, nach den unzähligen rückwärtigen Rollen, nun helm- und hellebardenlosen Kameraden, der nur auf ein, ihm nachkullerndes, auf der hölzernen Schräge nun zur Ruhe gekommenes Etwas fixiert war. Neugierig sprangen die beiden Jüngeren heran, packten ihren Freund unter den Achseln und zogen ihn, mit Schweißperlen sowohl auf der Stirn als auch auf den Wangen, einem glasigen Blick und einem widerlich anmutenden Schnurrbart, in den Stand zurück. Erst dann versuchten sie zu erkennen, was ihren Freund so aus der Fassung geraten hatte lassen. Stille. Bewegungslosigkeit. Kein einziges Wort wurde gewechselt, weder vom Fremden, von dem man nicht mehr wusste, ob er noch zugegen war, noch von den Söldnern, die sich nun dem Etwas entgegen sahen. Das Etwas, das zufällig im Schein einer Laterne erhellt wurde, ließ die hinzugesprungenen, noch vor Augenblicken neugierigen Männern verstört den nach starkem Alkohol duftenden Speichel die Speiseröhre hinunterschlucken. Es war der Schädel eines wohl unglaublich großen, grauen Wolfes: Die gelben, abscheulich duftenden, Zahnstein vermutenden Zähne gebleckt, die grell gelben Augen einer letzten, wütenden Emotion Ausdruck verleihend, die Gesichtspartien hier und da sowohl mit frischen als auch alten, länglichen Schnitt- und Bisswunden übersäht. Für die jungen Männer ein schrecklicher Anblick, der sie sofort einige Schritte nach hinten tun ließ. Für einen Lidschlag erhob sich über den Schein der Laterne ein ungewollter, menschlicher Schatten, für einen weiteren war der Schädel wiederum ersichtlich, für den nächsten unauffindbar. Vor den Männern stand plötzlich ein Mann; groß, schlank, kräftig, in einen dunklen Mantel mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze gehüllt. In dem Momente, in dem die Person ihre Kapuze aus dem Gesicht zog, in dem Augenblick als sie sich die fantastischen, langen, weißen Haare aus dem Sichtfeld strich, durchbrach das Läuten der hiesigen Kirchenglocken die hereingebrochene, unheimliche Stille der Nacht. ... Neun, Zehn, Elf; Elf Mal schlug die bronzene Machenschaft, ehe sich die Lippen des unbekannten, mysteriösen Mannes zur Aussprache einiger Worte und Phrasen formten.
» Gemäß der allgemein gültigen Territorialkonvention von Wyzima seid ihr in diesem Teil Temeriens dazu gezwungen, jedweden Wanderer, der vor der zwölften Stunde an eure Tore klopft und dessen Äußeres ein temerisches Wappen ziert, einzulassen «, belehrte der mysteriöse Fremde die Wachen, während er auf das deutlich zu erkennende Wappen auf dem Mantel wies.
» Wer ... We ... Wer seid Ihr?“ «, brachte Thandalf nur stotternd heraus, während er sich des rostigen Kurzschwertes seines Freundes Jurun bemächtigte.
» Ein von rolligen Katzen gejagter, zur Krümme geprügelter Lump «, fauchte der Weißhaarige, dessen Rücken zwei gekreuzte Scheiden mit darin ruhenden, unterschiedlich beschaffenen Schwertern zierte, trocken. Inzwischen hatte er den an den weichen Haaren gepackten Wolfsschädel wieder in Augenhöhe gehoben. Dass dabei noch Schwälle von Blut die durchtrennte Halsschlagader verließen, zauberte dabei dem Dritten im Bunde eine bleiche Farbe ins Gesicht.
» Der Dorfschulze ... oder der, der das Geld auf diesen Vierbeiner ausgesetzt hat - wo finde ich den? «
» Nicht nötig – ich bin hier der Wachhauptmann «, entgegnete eine recht tiefe, dem Gespräch noch unbekannte Stimme. Aus dem Dunkel eilte ein kleiner, dicker Mann mit rundlichem Gesicht und einem verdreckten, eingefetteten Spieß, welcher im wenigen Licht zu schimmern vermochte, heran. Seine Lippen zur Aussprache einiger letzter Worte formend, ließ er unzählige Essensreste den Weg in das Gesicht Juruns und Thandalfs finden und die schmierige linke Hand einen entstandenen Juckreiz zwischen den Pobacken ausloten. Auf dem wild hin und her geschwenkten Spieß waren kaum zu identifizierende, kohleschwarze Stücke aufgepflanzt, die sich der korpulente Möchtegern mit aufgeblasener Brust stetig zwischen die schon satt gelben, von tief-schwarzen Partikeln gesäumten, hier und da lückenhaften Zahnreihen schob.
» Zweihundert Orens ... «, entgegnete der weißhaarige Fremde, seine noch freie, unter einem nietenbesetzten, schwarzen Handschuh gelegene Hand ungeduldig zu einer Faust ballend. Während der » Wachhauptmann « in einer Art Wachstube verschwand, hatte er alle Mühe die mit Recht geforderte Belohnung für das Ungeheuer auf möglichst okkulte Weise aus dem Sold seiner Untergebenen zu rekrutieren; immer wieder wiegte er mit seiner schmierigen, wurstigen Hand unterschiedliche Mengen an Orens ab, bildete mal größere, mal kleinere Stapel unterschiedlich großer Münzen, nur um sie letztendlich in aller Ratlosigkeit zu einem mehr oder weniger großen Haufen zusammenfließen zu lassen, auf gut Glück eine vermeintlich entsprechende Summe in einen streng riechenden Beutel zu füllen und sich selbst noch die ein oder andere schimmernde Einheit in den Unterrock oder den ohnehin schon prallen Beutel am Gürtel zu schieben. Mit schlotternden Beinen und aneinandergepressten Schultern beäugten die drei Söldner den Fremden, dessen Gliedmaßen trotz der unsäglichen Kälte kein haarbreit zu zittern vermochten. Nachdem der letzte Widerhall der wuchtigen Kirchturmglocke verklungen war und nahezu vollkommene, unheimliche Stille die zuvor noch angespannte Geräuschkulisse überlagert hatte, schien dies als vorausgegangenes Signal für unzählige, weiße Flöckchen, sich aus dem bewölkten Himmel auf die Erde herabzustürzen. Ein sanfter Windhauch und ein leises Rascheln von wenigen übriggebliebenen, verkommenen und braunen Laubblättern untermalte dabei den sich vor den Augen der Männer abspielenden, so unbeschwert und friedlich wirkenden Tanz der weißen Kristalle. Sorgsam schwenkte der Unbekannte seinen Kopf zur Seite, blickte mit den seltsam anmutenden Augen auf die linke Schulter. Zärtlich, gar zerbrechlich und vergänglich schmiegten sich die so unterschiedlichen Flocken an den dunklen Mantel an, verloren nach wenigen Augenblicken der Beobachtungen ihre Existenz. Kälte. Der Weißhaarige, der seinen Kopf wieder in die Ausgangsstellung zurückschweifen ließ, seufzte für einen kurzen Moment beinahe nur innerlich auf. Ein schmatzendes, plätscherndes Geräusch schließlich und eine schemenhafte, kleine Gestalt in Abwesenheit jeglicher Lichtquellen nahe der Wachstube deutete dem Unbekannten die Rückkehr des Hauptmannes an.
» Mhnana Orens ... «, nuschelte der Dicke, dessen schwere Gesichtszüge von einem seltsamen Glanz befallen waren, während er den streng riechenden, nassen Beutel mit dem vermeintlichen Lohn mehr oder weniger widerwillig überreichte. Sorgsam kramte der Weißhaarige unter dem Mantel in einer Gürteltasche nach etwas. Einen Augenblick später ließ dieser die Hand zielsicher in Sichtkontakt schnellen und seinerseits ein gerolltes Pergament mit einem gebrochenen Siegel, welches ihm offensichtlich den Auftrag erteilt hatte, übergeben.
» Woher kenne ich ihn nur ... «, murmelte Jurun nicht ohne des Fremden Bemerken an seine beiden Freunde gewandt.
» Da draußen wartet ein Pferd – ich vermag es Eurer Aufgabe zuzuschreiben, des Nachts, mein Pferd in eine Stallung zu führen, nicht wahr Hauptmann? «, vergewisserte sich der Weißhaarige, einige Münzen aus dem Beutel befreiend und durch die Luft in den aufgewichten Boden vor den Stiefeln des Dicken, dessen verkümmerte Reflexe zu dieser Lage der schimmernden Münzen führten, werfend. Der Fremde, der den Beutel einige Male mit seinen Fingern geknetet hatte, wusste, dass es sich bei dem erteilten Lohn nicht um die zweihundert Orens handelte, die ihm rechtmäßig für den Kopf der Bestie zustanden. Und dennoch verzog er keine Miene, sondern nickte dem Hauptmann, ob dessen Bereitschaft das Tor für das Pferd zu öffnen, dankend zu.
» Los ihr Hunde, öffnet das Tor für das Pferd ... «, brüllte der Hauptmann mit abermals zu Stolz und Würde geschwellter Brust, während er sich den schweren, eisernen Helm auf den rundlichen, teilweise haarlosen Kopf zu pressen und Thandalf dabei einen leichten Tritt in die Wade zu verpassen versuchte. Dass der Dicke dabei fast aus dem Gleichgewicht geraten und auf den aufgeweichten Boden gefallen wäre, überspielte dieser mit einigen unverständlichen, lauten Befehlen in die dunkle, kalte Nacht hinein. Den Fremden schien dies kein Stück zu kümmern, wandelte sich die Neutralität seines Gesichtsausdruck zu keiner deutbaren Mimik. Stattdessen strich er sich behutsam durch das hier und da von den Schneeflocken genässte Haar, ließ den Beutel mit Gold in seiner Tasche verschwinden und die leichten, dunklen Stiefel schmatzend einen Weg über den nachgebenden, weichen, schlammigen Boden in Richtung des grell erleuchteten Gasthauses suchen. Nur noch wenige Schritte von der kleinen, hölzernen Schenkentür entfernt, hielt der weißhaarige Fremde plötzlich inne, blickte mit dem Anzeichen eines Lächelns zu den vier Männern zurück, die sich um Plötze, sein treues Pferd zu kümmern bemühten. In der Hand den prallgefüllte Beutel des Hauptmannes, welcher noch vor Augenblicken am Gürtel des Dicken haftete, im Blick den jungen Jurun, dem - wie aus dem Nichts - ein beängstigender, noch viel kühlerer Schauer über den Rücken lief.
» Der Weiße Wolf ... «, murmelte er vollkommen bewegungslos; ein Meer aus weißen, herabrieselnden Flocken zwischen dem eintretenden Fremden und sich lassend.


» Da soll mir doch noch einer behaupten, in meine Schenke verirren sich keine Männer von Rang und Namen! Hah! Der Weiße Wolf in Fleisch und Blut auf meinen Dielen. Meinen Arsch würd’ ich verwetten, dass Rittersporn der nächste ist. Hörst du, Hyrda? «, brüllte der kräftige, rundliche Schankwirt, während sich seine Stirn in unansehnliche Falten der natürlichen Alterung legte.
» Besser nicht ... «, flüsterte der Weißhaarige, der seinen Mantel abgestreift und dem Schankwirt zur Aufbewahrung überreicht hatte, in nicht gerade begeistertem Ton.
» Habt Ihr was gesagt? ... Hmpf ... Hyrda! «, setzte der hünenhafte Wirt erst an den Neuankömmling gewandt, dann an seine, die Stiege hinter dem Inhaber hinab zu vermutende Frau gerichtet, fort.
Augenblicke der » Stille « vergingen, in denen sich der bereits ergraute, mit seiner beträchtlichen Plauze gegen das bereits abgeschabte Thekenholz lehnende Schenkeninhaber mit dem Blick der Stiege und seiner erwarteten Frau zuwandte. Zeit für den Weißen Wolf - wie man ihn hier ohne sein Zutun und unbedingtes, natürliches Einverständnis zu erkennen und lauthals zu betiteln wusste – sich einmal genauer umzusehen. Mehr vorsichtig und langsam als aufgeschreckt und auffällig ließ der Mann seinen Blick über das Innenleben des Gebäudes schweifen, das er vor wenigen Lidschlägen erst betreten hatte. Die durchaus große und geräumige Taverne bot zahlreichen Leuten eine Sitzgelegenheit: Mehrere langgezogene Tische waren einigermaßen parallel nebeneinander aufgestellt, mit hölzernen, tiefen Bänken oder ungleich hohen Schemeln unterschiedlichen Holzes bestückt. Jeweils an deren Flanken, nach zwei, vielleicht drei Ellen Abstand befanden sich kleinere, schäbige Tische, die bis in die Ecken reichten. Es war voll, um nicht zu sagen, reichlich eng: Neben hiesigen, vom Alkoholkonsum schon rot angelaufenen Bauern fanden sich auch mehrere Abkömmlinge reicherer Schichten, die an einem der Tische unter sich zu bleiben gedachten und nur durch die langen Mäntel aus Samt als solche zu identifizieren waren. Mehrere kleine Kinder drängten sich an das Feuer des Kamins, gleich in der Nähe der seltsam anmutenden, hohen Fichte. Auf einem Stuhl, im Schein der lodernden Flammen, saß eine alte, gekrümmte und faltige Frau, die mit ihrer warzigen Nase beinahe in dem Buch versank, das sie mit ihrer krächzenden Stimme den Kindern vorzulesen gedachte. In der einen Ecke befand sich ein vereinsamter Tisch mit nur einer, in einen dunklen, filzigen Mantel gehüllten Gestalt, die ihre Anonymität durch die Kapuze zu gewährleisten suchte; in der anderen hingegen einige korpulente und kräftige Männer, die zu Teilen mit entblößtem, haarigen Oberkörper, zu Teilen mit zerrissenen Lumpen am kreidebleichen Leib einen ungewöhnlichen Kreis bildeten. Für ihn, den Weißen Wolf, bedurfte es keiner weiteren Musterung dessen, was manche dort mit Spekulationen behafteten. Es war durch und durch eine Schenke, in welcher er sich befand: Junge Mädel mit aufgeknüpften Kleidern pressten ihren prallen Busen entweder gegen die Wangen eines hübschen, tüchtigen Jünglings oder gegen das Kinn eines hässlichen, aber vermögenden Kaufmanns, nachdem sie auf jeweiligem Schoß Platz genommen hatten. Fanatische Spieler stellten durch ihre teilweise aufmerksam polierten, teilweise schäbig behandelten Würfel das eigene Glück auf die Probe. Dass das ein oder andere Spielgerät dabei gezinkt war und ein bestimmtes, gewolltes Glück heraufbeschwören werden würde, hatte der Weißhaarige bereits an der Art des Aufpralls und des dabei entstehenden, unverwechselbaren Geräusches festgemacht. Dabei interessierte ihn der tatsächliche Ausgang und die Leichtgläubigkeit mancher über den Tisch Gezogener herzlich wenig, obwohl er sich selbst das ein oder andere Mal die Tasche mit ehrlichem Spiel aufzubessern wagte. Das einigermaßen regelmäßige, dumpfe und laute Geräusch eines anderen Aufpralls war ihm dagegen Anzeichen genug, dass wieder einmal ein Wahnsinniger, der sich bereit erklärt hatte seine Knochen gegen einen wagen Wettlohn brechen zu lassen, mit dem schweißgebadeten, schmerzenden Körper auf die unnachgiebigen Dielen geknallt war und den ein oder anderen Oren nun endgültig los, dafür im Besitz von Kopfschmerzen, einer gebrochenen Rippe oder einer Prellung und zweifelsohne dem Ärger seines Weibs war. Auch das weniger okkult ausfallende Ritual gewisser Händler, ihre pulvrige Ware an ihre Kunden mit bereits geröteten Augen, triefenden Nasen und gereizter Haut zu verkaufen, entging dem Fremden nicht. Selbst auf dem Land machte der ein oder andere lukrative Geschäfte mit Fisstech, obwohl die Konsumenten die volle Wirkung des Rauschgiftes für den gezahlten Preis nicht so auszunutzen wussten wie es die Kenntnis des Weißhaarigen erlauben würde. Eine schier unangenehme Hitze zirkulierte in Folge der unzähligen Körperbewegungen im Raum, drückte auf das vernarbte Gesicht des Weißen Wolfes, ließ unzählige Schweißperlen auf die Stirn der erheiterten Gäste treiben. Vom Kamin her roch es nach verbranntem Schöllkraut und etwas trockenem Flieder. Offensichtlich schon lange an der Decke hängende, fettige und unterschiedliche Specksorten verströmten einen beißenden Rauchgeruch. Offenstehende, leere Fässer, die man hinter der Theke aufgetürmt hatte, trugen neben den unzähligen ausgeschenkten alkoholischen Getränken ihr Übriges dazu bei, die Luft mit ihrem beißend aromatischen Odem zu tränken und den Anwesenden wie einem Gelynchten den Atem zu rauben.
» Hexer ... «, flüsterte der Schankwirt plötzlich, den Unterarm des Weißhaarigen anstupsend.
» Mhhh «, brummte dieser abwesend, während er seinen Blick wieder zurückschweifen ließ und einen beherzten Schluck aus dem einigermaßen ansehnlichen, kleinen Zinnbecher, welcher der Schankwirt für ihn auf die Theke geknallt hatte, nahm.
» Interesse an ein paar Orens? «
» Kommt darauf an ... Hexerarbeit? «
» Wie man’s nehmen mag – zweifelsfrei habt Ihr den Fremden in der Ecke erblickt; der, der sich hinter seiner Kapuze versteckt. Niemand kennt ihn, niemand hat je sein Gesicht gesehen und dennoch kommt er immer hier herein, bestellt aber nichts ... - «
» Ihr kennt meinen Namen, aber – wie mir scheint - nicht die Geschichten, die sich um meine Taten ranken ... Ihr habt Söldner für derartige Belange, Wirt «, unterbrach der Hexer forsch, die durchsichtige, klare Flüssigkeit des Gefäßes über den Mundraum in den Rachen hinunterzustürzend.
» Diese Muttersöhnchen machen doch keinen Finger krumm – hört zu, Weißer Wolf. Der Fremde trägt das Schwert eines alten, verschollenen Freundes, des damaligen Hufschmieds mit Namen Perum am Gürtel. Dieser Bastard hat zweifelsohne Perum auf dem Gewissen und sich seines Schwertes bemächtigt – bringt mir die Klinge oder vertreibt den Maskierten ein für alle Mal. Dreihundertfünfzig Orens und kostenloser Unterhalt in meinem Haus! «, entgegnete des Hexers Gegenüber vehement, während er die katzenartigen Augen des Monstertöters mied und stattdessen an das Medaillon an dessen Hals appellierte. Eben dieses Medaillon, das einen Wolfskopf symbolisierte, war seit dem Eintreten des Weißhaarigen in zitternder Bewegung. Eine Art von Magie lag in der Luft. Ein zum Einhalt der versprochenen Belohnung mahnender, bösartiger Blick des Hexers und einige Schritte später befand er sich am verwaisten Tisch des besagten Fremden, der mit seinem verschleierten Gesicht nur auf den Schankwirt fixiert zu sein schien. Selbstsicher und den Blick auf die enthusiastischen Faustkämpfer gewandt, ließ sich der Weiße Wolf auf der abgenutzten Bank nieder, schnallte seine beiden, auf dem Rücken gekreuzten Schwertscheiden ab und lehnte sie, das Blickfeld des Fremden streifend und Schlagfertigkeit demonstrierend, gegen sein linkes Knie.
» Warum in solch monotoner Gesellschaft? Kein Weib auf dem Schoß, das sich um euch bemüht? Keine Schönheit im Gesicht, kein Reichtum im Beutel? Kein Spieler Euch gegenüber? Wie ist Euer Name? «, begann der Weißhaarige, den Blick noch immer nicht auf den Fremden gewandt. Es bedurfte keines Blickes, keiner durchdringenden Musterung mehr; die mutierten, beängstigenden Augen des Hexers, die je nach Nutzen unterschiedlicher Helligkeit und einem gewissen Grad an Dunkelheit angepasst werden konnten, hatten bereits genug von dem Fremden unter der Kapuze erhascht. Ein tiefes, schlürfendes Atmen, ein strenger Geruch, ein merkwürdiges Schaben und leises Knabbern – Einzelheiten, die der geübte Hexer bereits nach wenigen Sekunden bemerkt und verinnerlicht hatte; ohne es unbedingt zu wollen, war er wieder in die Routine seiner Berufung zurückgefallen. Augenblicke der Stille und Bewegungslosigkeit verstrichen, ehe der Weißhaarige, dessen linke Gesichtshälfte bis über das Auge eine tiefe Furche durchzog, seinerseits fortzusetzen gedachte.
» Geralt von Riva, der meine ... - «
» ... - Ein Hexer also ... Er hat Euch geschickt, nicht wahr? Seine ängstlichen, starren Augen, seine zitternde Hand bei jedem kreuzenden Blickkontakt, seine zuckenden Lider beim Gedanken an meine Anwesenheit, sie alle verraten es mir: Er hat Angst, er verabscheut mich. «
Der Hexer Geralt nickte, den Blick schließlich zu seinem Gegenüber wandern lassend. Sorgsam strich er sich die ein oder andere weiße Strähne aus dem Gesicht und wischte sich den angesammelten Schweiß von der Stirn, nachdem er seinen linken Handschuh abgezogen und auf dem Tisch ausgebreitet hatte.
» Ich muss Euch warn ... - «, erklang es vom Maskierten, der seine Arme unter den, ineinander geschobenen Mantelärmeln auf dem Tisch zu verstecken wusste. Ehe er seine Worte der Warnung überhaupt hatte aussprechen und das vom Schankwirt erwähnte Schwert – zur Verdeutlichung und Nachhaltigkeit seiner Worte - in Augenhöhe aus der Scheide hatte ziehen können, hatte ihn Geralt unterbrochen.
» ... – Perum «, verkündete der Gezeichnete einschlägig, während er den Handschuh mit den silbernen Nieten behutsam zu des Fremden Arm schob. Wiederum durchbrach absolute Stille die Geräuschkulisse um die beiden Gesprächspartner. Bewegungslosigkeit. Der Duft von Schöllkraut und Flieder, der sich für einige Augenblicke wieder vermehrt ausgebreitet hatte, ward abrupt von einem strengen, pelzigen Geruch dominiert. Ein warmer Atemzug blies dem Hexer ins Gesicht, ließ die weißen Haare sich kurzerhand winden. Mehrere kleine, weiße Punkte ergossen sich springend aus den für kurze Zeit geöffneten Ärmel des Mantels, bis sich haarige, knochige Finger mit langen, beigen sowie schmutzigen Nägeln um des Hexers Hand schlangen. Eine lange, ebenso behaarte Nase und ein rosa Mund mit kleinen, spitzen, gelben, gebleckten Zähnen tat sich unter der Kapuze hervor.
» Er hat Euch verwunschen, nicht wahr Perum? Er war es, der Euch das angetan hat «, entgegnete Geralt, ob der grausigen Gestalt des Skaven, eines nach Hexererkenntnissen mannshohen, aber dürren Rattenmenschen unbeeindruckt, doch eindringlich. Der Rattenmensch fauchte, keifte, ließ Tropfen seines widerlich stinkenden Speichels auf Geralts Handschuh tropfen, die kleinen weißen Punkte – beim genaueren Betrachten Läuse - einen neuen Wirt in dem gefüllten Gasthaus suchen.
» Sag schon, Perum! «, fauchte Geralt zurück, seine Mimik der des zitternden Wolf-Medaillons an seinem Hals angleichend und dem Rattenmensch, der sich immer fester um des Hexers Hand schlang, die Stirn bietend. Plötzlich ließ die sehnige Hand los, versteckte sich wie das Gesicht unter der Kapuze, unter dem verfilzten Mantel – Stille. Geralt wandte sich mit seinem Blick ab, beobachtete erst einige tanzende Mädel, dann verharrte er auf der hohen, mitten im Raum stehenden Fichte nahe des Kamins. Der Baum war mit reichlich Weißer Myrthe, einigem Berberrohr, Nüssen, Kerzen und altem Eisen geschmückt worden. Die Spitze zierte ein mehr oder weniger gelungener, kupferner Stern, unter dessen Last sich der gesamte Baum ein wenig nach rechts bog. Für den Hexer ein zu belächelnder Anblick, machte er sich doch weder aus den Bräuchen der Menschen noch der Anderlinge, von denen er seit den Zwischenfällen in und um Wyzima keinen anwesend sah etwas. Die Freude, die sich in den Gesichtern der anwesenden Gäste widerspiegelte, empfand er als Fassade, als Versuch eigene Schuld, Angst und Hass zu überspielen. Zwar vermochte der Hexer nicht das zu Grunde liegende Religiöse, nämlich die Ankunft des Sohns der Melitele auf Erden, was die Menschen wie jedes Jahr zu zelebrieren gedachten, – und sei es auch nur durch seine Bekanntschaft mit der Priesterin Nenneke - , anzuzweifeln, aber seinen Glauben daran zu finden, vermochte er ebenso wenig. Als Hexer, als Weißer Wolf war ihm jede Art der Gemeinschaft fremd, nicht irgendeine langwierige, unvergängliche Freude zu teil geworden. Er war ein Einzelgänger, hatte nie eine Familie gehabt und würde auch, nicht zuletzt wegen seiner Unfruchtbarkeit und seines Berufes, nie eine haben. Einsamkeit inmitten einer Gemeinschaft von Menschen. Einsamkeit inmitten einer ihm verhassten, so dekadenten Rasse.
» Er trieb’ es mit meiner Frau, der guten Hyrda, die ihm nun, da er mich mit Hilfe der alten Hexe aus dem Weg geräumt hat, ehelich ergeben ist. Er nahm mir meine Anleihen, meine Würfel und meinen Schnupftabak ... und nach dem letzten Übrigen lechzt er auch noch ... «, durchbrach Perum die Gedanken des Hexers, der sich mit seinem Blick wieder seinem Gegenüber widmete und das Schwert, auf welches der Skave deutete, musterte. Ein augenscheinlich gut ausgearbeitetes, sehr altes Stück mit noch breiter, runenbehafteten Klinge. Menschenarbeit. Der Hexer atmete den Flieder- und Schöllkrautgeruch abermals ein, nickte und blickte dem Verwunschenen direkt in die Augen als dieser wiederum zu sprechen begann.
» Dreizehn Jahre als Geächteter, als Ungeheuer zu leben ... wisst Ihr wie das ist? «
Der Hexer, der als Mitglied einer aussterbenden, uralten Zunft oft genug den Hass der Menschen hatte erdulden müssen, nickte nüchtern, den Blick für einen Augenblick senkend.
» Ihr seid kein Ungeheuer, Ihr reagiert nicht auf das Silber an meinem Handschuh – die Magie einer Verwünschung lässt mein Medaillon erbeben «, erklärte der Hexer kurz, den Handschuh zurückziehend und kurze Zeit Stille Einzug halten lassend.
» Er bindet Euch mit dem Schöllkraut und Flieder an das Gasthaus ... Ihr seid im Winter dazu gezwungen, hierhin zurückzukommen, wenn ihr nicht ganz den Menschenverstand verlieren möchtet, richtig? «, entgegnete Geralt, sein zitterndes Medaillon mit der nackten, linken Hand umschließend. Perum nickte, warf dem Schankwirt, der bezüglich der ungewöhnlichen Länge des Gesprächs immer wieder ungeduldigen Blickkontakt zum Hexer suchte, einen bösartigen Gesichtsausdruck zu.
» Lasst das «, unterbrach Geralt Perum bei dem Versuch offensichtliche Verachtung gegenüber dem Wirt auszudrücken, » ihr unterstützt die Verwünschung dadurch nur mehr. «
Verwundert wandte sich der Skave dem Hexer zu, der damit begonnen hatte in seiner Gürteltasche herumzukramen. Nach einigen Augenblicken bestreute der Hexer den Tisch direkt vor Perums Brust mit einem seltsamen Pulver, das er noch zusätzlich auf der harten Oberfläche zerrieb. Wieder einige Momente später breitete sich ein starker, wohlriechender Duft über die nähere Umgebung aus, verdrängte den Odem des Alkohols und der im Kamin verbrannten Pflanzen und strömte in die Nase des Rattenmenschen, dessen Nase misstrauisch den unbekannten Duft aufzunehmen gedachte. Schlagartig packte der Hexer mit seiner linken die im Verborgenen liegende Hand Perums, umschloss sie so fest, dass die Fingergelenke beinahe schon zu bersten gedachten, während er mit der Rechten ein Zeichen in die Luft malte und murmelnde, unverständliche Worte über die Lippen ausstieß. Ein unglaublich kräftiger Luftstoß erfasste den Skaven, der ungebremst gegen die Rückwand gepresst wurde, während sich das auf dem Tisch ausgebreitete Pulver in Perums Gesicht zerstob und ein kurzweiliges Funkeln und Glitzern in den Schatten der Kapuze heraufbeschwor. Perum stöhnte, ob der Schmerzen in den Schultern, sackte schwach und entkräftet zusammen, so dass der Hexer ihn stützen und auf der Bank halten musste.
» Eure Einsamkeit hat ein Ende, Mensch Perum. Seht von jedweder Rache ab und zieht Eures Weges. ... Frohes Fest ... «, flüsterte Geralt in des Schwachen Ohren, ehe er sich seine Schwerter schnappte, auf dem Rücken in gewohnter Position festschnallte, sich eigenhändig den Mantel zurückholte, jedwede neugierig stechende Blicke ignorierte und zur Tür schritt, dem Wirt einen in seiner Neutralität so ausdrucksstarken, erzürnten, enttäuschten Blick zuwerfend. Noch einmal blickte Geralt zum vermeintlichen Skaven, der sich allmählich erhob, seinen Blick über den ausgestreckten rosa Arm schweifen ließ und die Kapuze ungläubig zurückschob. Verdutzt tastete er mit seinen beiden Händen beinahe jeden Körperteil ab, rieb sich die Augen und schlug sich sanft auf die Stirn. Die Behaarung war verschwunden, die Nase wieder normal, die Zähne strahlend weiß und die Augen klar und menschlich. Die Tür schlug vom kräftigen, eisigen Wind dazu angestachelt heftig zu, blies in die Reihen der singenden, feiernden Mädchen und Buben, Würfelspieler und Trunkenbolde einen letzten Windhauch ...
» Verfluchte Einsamkeit ... Frohes Fest, Freunde ... «, seufzte die schemenhafte Gestalt, die sich ihren Mantel übergestreift und die Kapuze ins Gesicht gezogen hatte, während sie ihren Blick in den nun wolkenlosen Himmel erhob. Ein Meer aus Sternen, das die unzähligen weißen Flocken endlich abgelöst hatte, erstreckte sich dort. Mit dem ersten zu den Stallungen und durch die dünne Schicht aus Schnee vollführten Schritt, kündigte die mächtige Kirchturmglocke in ohrenbetäubender Lautstärke die zwölfte Stunde an.
» Frohes Fest, Zeit aufzubrechen, Plötze! «


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