REVIEW: The Witcher 2: Assassins of Kings


Die Hexer-Bücher
„Der letzte Wunsch“ und „Das Schwert der Vorsehung“
Die Welt von The Witcher basiert ursprünglich auf einer Romanreihe des polnischen Autors Andrzej Sapkowski, die mit zwei Bänden voller Kurzgeschichten beginnt. Diese Geschichten werfen bezeichnende Schlaglichter auf die Welt des Hexers, indem sie jede für sich besondere Situationen thematisieren, in denen dem Leser die Hauptpersonen in ihrem Denken und Handeln bekannt gemacht werden und die Welt selbst in ihren verschiedenen Facetten vorgestellt wird.
„Das Erbe der Elfen“, „Die Zeit der Verachtung“, „Feuertaufe“, „Der Schwalbenturm“ und „Die Dame vom See“
Damit ist der Boden für eine breit angelegte Romanpentalogie gelegt, in der sich vor dem wuchtigen Panorama von Krieg und Tod, List und Intrigen, Untergang und Veränderung eine fortlaufende Handlung um den Hexer, die Magierin Yennefer, seine große Liebe und um die junge Cirilla, die für Geralt zum Fixpunkt seines Lebens wird, entspannt. Cirilla oder Ciri ist ein Mädchen mit besonderen Fähigkeiten, um das sich aufgrund von Prophezeiungen bald Könige, Elfen und Magierinnen streiten. Denn die junge Ciri als Faustpfand zu besitzen, kann größte Macht bedeuten. Die Romane beschreiben die Suche Geralts und seiner ungewöhnlichen Freunde nach der ihm entrissenen Ciri, die als Spielball von Politik und Zeitläuften unter großen Schwierigkeiten ihren eigenen Weg finden muss.
„Ich kann dir alles geben, was du willst“, sagte die Fee.
„Ich will ein Schwert, das soll hell und scharf sein wie das Mondlicht.“

Na gut, ein Schwert bekommen wir nicht, aber was CD Projekt und Namco Bandai da an Paketen geschnürt haben, kann sich auch ohne geschliffenen Stahl absolut sehen lassen. The Witcher 2 Assassins of Kings erscheint in zwei Versionen. Einmal die Premium-Edition, die anders als der Name denken lässt, die ganz normale Ladenversion ist und zum anderen die Collector’s Edition. Wobei ganz normale Ladenversion bei der Premium Edition wohl nicht den Kern der Sache trifft. CD Projekt und Namco Bandai haben sich da nicht lumpen lassen und legen der Packung neben dem Spiel und dem Handbuch gleich noch eine Karte der Spielwelt, eine Schmähschrift gegen König Henselt von Kaedwen, eine Sammlung von Making-Of-Videos und den offiziellen Soundtrack bei. Dazu noch das Lösungsbuch und eine verfluchte Münze. Und Obendrauf noch ein paar witzige Papercraft-Figuren: Der Hexer und ein Monster zum Ausschneiden und Zusammenfalten. Besonders erwähnenswert ist die Karte. Und zwar nicht, weil sie auf Stoff gedruckt wäre – das ist sie nämlich zum Glück nicht. (Welcher tumbe Fantasy-Klischee-Tor hat die Mär von der unbedingt auf Stoff gedruckten Karte erfunden, die vielen mittlerweile als einzig echt und authentisch gilt?) Nach diversen Collector’s Editionen mit ebenso vielen Stoffkarten völlig unterschiedlicher Qualität und zwar immer am unteren Level muss ich sagen: sie alle lohnen das Geld nicht. Es sei denn, man ist mit Schrott zufrieden. Denn Stoff als Druckmaterial hat nun mal die Eigenschaft, Einzelheiten zu verschlucken, Farbe verlaufen zu lassen und letztlich einerseits unpraktisch durch die fehlenden Details und andererseits unschön durch die nicht mit Papier vergleichbare Farbverteilung zu sein. Von anderen Sünden der Kostenersparnis will ich gar nicht erst anfangen. Und Details enthält die Karte zu The Witcher 2 jedenfalls genug für drei gewöhnliche Karten. Nicht nur, dass der Inhalt der Karte selbst äußerst informativ ist, sie besitzt auch noch einen künstlerischen Wert, der um einiges höher liegt, als bei den für Rollenspiele üblichen Karten. So ist sie eingerahmt von einer Allegorie auf den Tod, inspiriert durch die niederländische Malerei und hochgotische Darstellung des (Schwarzen) Todes mit erstaunlich wenig üblichem Fantasy-Kitsch. Stilecht mit typisch gotischen Bordüren und Spruchbändern, die in glagolitischer Schrift ihre Botschaft verkünden. Glagolitisch war eine der ersten slawischen Schriften, Sie ähnelt dem späteren und bis heute gebräuchlichen kyrillisch. Somit also eine Reminiszenz an die slawischen Ursprünge vieler Details, Ideen und Hintergründe in den Hexer-Romanen. In all ihrer Pracht und Opulenz ist die Karte wahrscheinlich etwas Over the Top und wird von 99% der Spieler sicher nicht in ihrem ganzen Aufwand gewürdigt. Für mich das wohl beste Kartenwerk in einem PC-Rollenspiel. Frühes Zugreifen bei der Premium Edition lohnt sich übrigens. Sobald diese Erstausgabe des Spiels vergriffen ist, wird in der Nachpressung nur noch das Spiel und das Handbuch enthalten sein. Also das, was in eine der heute üblichen, langweiligen und auf die Bedürfnisse der Industrie durch ständigen Kostendruck optimierten DVD-Verpackungen hinein passt. Alle sonstigen Inhalte sind dann nicht mehr dabei. Wer bis jetzt noch nicht zugegriffen hat, sollte sich also möglicherweise beeilen.

Was bleibt da noch für die Collector’s Edition? Eine ganze Menge! Nämlich eine Gipsbüste von Geralt. Die kann direkt in das Regal mit den Computerspielen wandern und es optisch aufwerten. Schließlich verstauben auch unzählige Büsten von Goethe, Schiller, Beethoven oder Mozart in den Bücherregalen bürgerlicher Wohnkultur. Das ist noch lange nicht alles. Ein kleines Säckchen mit würfeln zum Würfelpokerspiel liegt ebenfalls bei. Und wer lieber Karten spielt, bekommt ein vollständiges Pokerblatt mit Witchermotiven auf den Bildkarten. Dazu ein kleines Büchlein mit Regeln, Tricks und Kniffen. Die verfluchte Münze aus der Premium Edition bekommt ein Gegenstück, nämlich einen Oren temerischer Prägung. Oren ist die allgemeine Währung im Witcher-Universum. Außerdem gibt’s obendrauf noch ein weiteres Papercraft-Motiv von einem der Level-Endbosse. Und wem das noch nicht reicht, der wird mit einem Artbook beglückt, das den Namen auch wirklich verdient. Sogenannte Artbooks sind ja mittlerweile in Mode. Warum auch nicht, schließlich bieten sie die Möglichkeit, von den zahllosen im Vorfeld der Produktion entstandenen Zeichnungen und Skizzen, Stimmungsbildern, technischen Erläuterungen, Kleidungsstudien, Monsterdesigns, Farbvarianten, Waffen- und Rüstungsentwürfen, Personendarstellungen und Portraits die besten zu verwenden und über ein Artbook zu veröffentlichen. Allerdings schwankt die Qualität dieser zusammengehefteten Sammlungen von Spiel zu Spiel. Dabei sind die Bilder selbst fast immer interessant und schön anzuschauen. Es mangelt bei den meisten Umsetzungen eher am Willen, etwas Geld in die Hand zu nehmen bei der Gestaltung der Bücher. Meist bekommt man dann also ein lieblos zusammengestelltes Heftchen ohne jeden Textkommentar und soll dann von alleine aus der Auswahl an Zeichnungen schlau werden. Bessere Exemplare ordnen ihre Bilder zumindest noch thematisch oder leisten sich in wenigen Fällen sogar ein Hardcover mit Fadenheftung. Was dann erst die Bezeichnung Buch verdient. Einen Schritt weiter ging CD Projekt. In deren Artbook sind die nach Themengebieten geordneten Bilder in Kapitel eingeteilt und mit vielen erklärenden Texten versehen, die die Geschichte hinter diesen Bildern lebendig werden lassen. Warum wurde dieses oder jenes Detail gerade so und nicht anders gestaltet? Was waren die Gedanken hinter dem Design bestimmter Monster und wie soll die Ausrüstung der Elfenkämpfer aussehen? Derartige Dinge erfährt man im aufwendig zusammengestellten Artbook zu The Witcher 2 Assassins of Kings.

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